Probleme bei der Recherche von Fotografien

Ein Erfahrungsbericht

Probleme bei der Recherche

Im Gegensatz zu Gemälden und anderen nicht reproduzierbaren Originalen trifft man bei Flachwaren – Fotografien, Holzschnitten und anderen in Druckverfahren hergestellten Medien – immer wieder auf Rechercheprobleme. Die Problematik besteht darin, dass vor allem zu Fotografien in Schulbüchern nie ein konkreter Werktitel des Bildes oder der Fotograf selbst angegeben wird. In den meisten Fällen wird ein Titel erfunden oder eine kleine Erklärung unter die Bilder gesetzt, wenn man Glück hat sogar mit einem Datum.

Recherchenmöglichkeiten

Was kann man also tun, wenn man mehr über das Originalbild herausfinden möchte?

Die Schulbücher haben meistens auf den letzten Seiten ein Bilderglossar, in dem die Bilder mit ihren Rechteinhabern aufgeführt sind. Oftmals sind die Glossare aber sehr unübersichtlich und man muss sich dort erst einmal durchkämpfen, um sein gesuchtes Bild zu finden. Hat man den Rechteinhaber gefunden, gibt es natürlich die Möglichkeit, diesen zu kontaktieren, um so mehr Informationen über das Bild zu erhalten.

Jedoch kann es immer wieder vorkommen, dass die Rechteinhaber ebenfalls wenig helfen können, wie in dem Fall des Beispielbildes, mit dem angegebenen Titel „Russische Soldaten kurz vor einem Sturmangriff, 1914“. Der Rechteinhaber dieses Bildes ist die Picture Alliance Frankfurt (dpa). Im Kontakt mit dieser habe ich erfahren, dass die Dpa erst 1949 gegründet worden ist und aus diesem Grund keine eigenen Bilder zum Ersten Weltkrieg besitzt. Das Foto gehört einer ihrer Partneragenturen. Aus dieser Quelle konnte ich danach nichts mehr erfahren.

Bildanalyse und Vergleich

Was ist weiterhin möglich, um mehr über den Ursprung des Bildes herauszufinden?

Das Bild und seine abgebildeten Motive können analysiert werden, wie zum Beispiel die Uniformen der Soldaten. Ich verglich daher die Uniformen auf der Fotografie mit denen aus einem Handbuch für Uniformen.[1]

Ergebnisse

Bei diesem Vergleich fand ich heraus, dass es sich um Uniformen von russischen Infanteriesoldaten von 1914 handelt. Dargestellt sind also tatsächlich russische Soldaten, wie im Bildtitel angegeben. In diesem Fall hat die Recherche mit Hilfe von anderen Bildquellen ergeben, dass die Bildinformation historisch korrekt ist und als anschauliches Bildmaterial für den Kontext des Geschichtsbuchs gerechtfertigt ist.

Abb. 2: Vergleich der Uniformen des Originalbilds mit einer Darstellung im Handbuch „Uniformen in Farben“ von Kannik Preben (1967).

Doch aus Erfahrung wissen wir, dass auch die Bildtitel oftmals nicht stimmen. Eine Überprüfung der Bildquelle wird in diesem Fall umso schwieriger, wenn zusätzlich bei der Rücksprache mit dem Rechteinhaber dieser nicht weiterhelfen kann. So bleibt letztendlich nur die Möglichkeit, über eine Bildanalyse mit Hilfe zusätzlicher Quellen die Glaubwürdigkeit des Bildmaterials zu überprüfen.

Von Leon Rosier

Literatur

[1] Kannik, Preben: Uniformen in Farben, übersetzt von Lisa Lunde, Berlin 1967.