Die Schaffnerinnen von Darmstadt

Erfahrungsbericht einer Layout-Analyse

Die Fotografie im Schulbuch

„Schaffnerinnen in Darmstadt“ dieser Titel verspricht nicht gerade eine spannende Geschichte. Auch das Bild selbst wirkt wenig spektakulär. Eine Gruppe von achtzehn Frauen und einem Mann vor einem Straßenbahnwaggon. Ein typisches Gruppenbild.
Nach kurzer Recherche bestätigte sich dies. Das Bild wurde von der „Hessischen Eisenbahn Aktien Gesellschaft“ gemacht. Sogar die Namen wurden handschriftlich auf der Onlineversion des Bildes im „Digitalen Archiv::Hessen-Darmstadt“ vermerkt. Die statischen Informationen ließen sich also recht einfach in das Deskriptionsschema eintragen.

Warum dieses Bild auswählen?

Es war also weniger das Bild selbst, welches die Aufmerksamkeit der Betrachter*innen auf sich zog, als viel mehr dessen Platzierung in der Schulbuch-Doppelseite. Mit der weiteren Bearbeitung des Schemas wurde schnell klar, dass die Bild-Text Beziehung zum Gegenstand dieser Untersuchung werden sollte. Schließlich blieb die erste Assoziation bei der Betrachtung der Doppelseite die Feststellung, dass das Bild der „Schaffnerinnen von Darmstadt“ deplatziert wirkt.

Wie entsteht dieser Gedanke?

Als Betrachter*in der Seite fallen einem zunächst die beiden Bilder der linken Seite auf. Diese werden anschließend mit der Überschrift in einen Zusammenhang gestellt. Ist das Interesse geweckt, so widmet man sich den erklärenden Texten über und unter den Bildern. Spätestens zu diesem Zeitpunkt kann es bei diesem Beispiel zu Verwirrungen kommen.

Abb. 2: Fotografie der Schaffnerinnen von Darmstadt, entnommen aus: „Digitales Archiv::Hessen Darmstadt“.

Layout-Analyse

Die folgenden Slides dienen dazu, das weitere Vorgehen in der Analyse übersichtlicher darzustellen:

Fazit

Für die Betrachter*innen der Doppelseite, welche sich zunächst auf die Bilder konzentrieren und anschließend die Überschrift wahrnehmen, kann das Bild der „Schaffnerinnen von Darmstadt“ auch etwas anderes suggerieren.

Die Überschrift führt zu der Annahme, dass es auf der Doppelseite vorrangig um den Mangel an Lebensmitteln in Deutschland während der Kriegszeit geht. Die Betrachter*innen haben nun das Bild zu dieser Überschrift und stellen sich möglicherweise folgende Fragen: Was haben diese Frauen mit der Hungersnot zu tun? Leiden sie unter Mangelernährung, sind sie Teil der Nahrungsmittel-Verteilung?

Bei näherer Betrachtung wird jedoch klar, dass die „Schaffnerinnen von Darmstadt“ ein anderes Thema behandeln. Während das Bild eigentlich zum einfacheren Verständnis der erklärenden Texte beitragen sollte, suggeriert es vielmehr eine falsche Annahme. Die Bedeutung des Bildes entsteht erst in seinem Zusammenhang mit dem Text/Kontext. Der suggerierte Kontext in diesem Fall entspricht allerdings nicht der eigentlichen Bedeutung des Bildes und könnte einen falschen Eindruck vermitteln. Wie und weshalb diese Platzierung zustande kam, bleibt offen. 

Von Hannah Leusch