Bilder der Westbindung

Einleitung

Das Militärhistorische Museum der Bundeswehr in Dresden beschäftigt sich nicht nur mit der Geschichte des deutschen Militärs, sondern zeigt auch in sogenannten„Themenparcours“ die verschiedenen Einflüsse von Krieg und Militär auf die Bereiche Kultur, Gesellschaft und Technik auf. Dies entspricht dem Verständnis einer modernen Militärgeschiche.[1] Der Themenparcour „Schutz und Zerstörung“ behandelt unter anderem Atomwaffen. Dies erfolgt hinsichtlich der Präsentation auf eine besondere Weise, denn „[d]as Militärhistorische Museum der Bundeswehr verzichtet bewusst auf historische Fotos oder Filmaufnahmen von Atompilzen, die zum Bilderkanon unseres kollektiven Gedächtnisses gehören“.[2] Man setzt auf die Kunstinstallation „The Hiroshima Thank You Instrument“ von Ingo Günter. Der Schatten des Besuchers wird durch ein helles Blitzlicht auf eine Wand geworfen. Dort wird er für einen Zeitraum eingefroren, auch wenn der Besucher sich fortbewegt. Die Kunstinstallation versucht, Folgen einer Atomwaffenexplosion – explizit das Einbrennen von Schatten, aber auch den hellen Blitz – erlebbar zu machen und bietet so eine neue Herangehensweise.

Das Beispiel des Militärhistorischen Museums zeigt, dass Bilder unsere Wahrnehmung von historischen Ereignissen prägen und dadurch selbst historische Bedeutung erlangen. Wenn Bilder für die Vermittlung von historischen Ereignissen verwendet werden, fällt ihnen folglich eine wichtige Bedeutung zu. Sie prägen die Sicht auf historische Ereignisse.

Die prägende Wirkung von Bildern ist besonders in Schulbüchern für den Geschichtsunterricht signifikant. Daher soll untersucht werden, welche Bilder und Bildtypen verwendet werden und ob diese wegen eines bestimmten Zwecks, zum Beispiel aus didaktischen Gründen, eingesetzt werden. Aufgrund des gewaltigen Umfangs an Material, das hierfür bereitsteht, müssen mehrere Einschränkungen gemacht werden.

Der Beitrag wird sich daher am Beispiel der visuellen Darstellung der Westbindung der BRD[3] diesem Thema widmen, wobei die aktuell zugelassenen hessischen Geschichtsschulbücher für die Sekundarstufe I verwendet werden.[4] Zunächst soll das Plakat „seine Kameraden – unsere Verbündeten“, welche sich in zwei Schulbüchern findet, genauer betrachtet werden. Anschließend wird untersucht, welche weiteren Bilder zu diesem Themenfeld in anderen Schulbüchern verwendet werden. Bei der Untersuchung findet sowohl das Deskriptionsschema der Studiengruppe als auch die multimodale Layout-Analyse Verwendung.

Analyse

Das Plakat seine Kameraden – unsere Verbündeten

Die Abbildungen des Plakats „seine Kameraden – unsere Verbündeten“ finden sich in zwei aktuellen Schulbüchern: in entdecken und verstehen 4, erschienen 2014 bei Cornelsen, [5] und in denkmal Geschichte 4, herausgegeben 2013 von der Westermann Gruppe.[6] Beide Schulbücher sind für den Gebrauch in Realschulen vorgesehen.[7]

Über das Plakat „seine Kameraden – unsere Verbündeten“ sind nicht viele Informationen bekannt. Bezüglich einer Datierung finden sich in den Bildunterschriften unterschiedliche Angaben. Entdecken und verstehen 4 datiert das Plakat auf ca. 1956,[8] denkmal Geschichte 4 auf 1955.[9] In der Objektsammlung des Deutschen Historischen Museums (DHM) wird als Datierung „um 1956“ angegeben.[10] Eigene Nachforschungen ergeben, dass das Plakat auf die zweite Hälfte des Jahres 1955 bis 1956 zu datieren ist. Das deckt sich mit den Angaben vom DHM. Bei der Uniform, die der Bundeswehrsoldat in der Mitte trägt, handelt es sich um ein Modell, das zwischen 1955 und 1956 getragen wurde. Die „Abzeichen an den Kragenecken“ waren lediglich vom 12. November 1955 bis zum 5. Dezember 1956 in Gebrauch.[11] 1956 wurden die bis heute überdauernden Kragenspiegel in den Waffenfarben und ein anderer Schnitt eingeführt.[12]

Der Zweck des Plakats ist strittig. In entdecken und verstehen 4 wird das Plakat als Werbung „für die in die NATO integrierte Bundeswehr“ beschrieben.[13] In denkmal Geschichte 4 als „Plakat zum Beitritt der BRD in die NATO“.[14]
Meines Erachtens kann es sich bei dem Plakat nur um ein Werbeplakat für den Beitritt Deutschlands in die NATO und gleichzeitig für die Wiederbewaffnung handeln. Die Botschaft des Plakats ist, dass der deutsche Soldat in der NATO als Kamerad gleichwertig inmitten ehemaliger Feinde integriert ist. Dies wird gleich mehrfach deutlich, einmal durch die Figurenkonstellation und durch die freundschaftliche Geste des amerikanischen Soldaten rechts des Bundeswehrsoldaten sowie durch das Flaggenband, auf welchem die deutsche Flagge zwischen der Englischen und der Amerikanischen positioniert ist (Abb. 2). Schließlich wird der Zweck auch durch das unverkennbare NATO Symbol in der oberen, linken Ecke deutlich.

Ein weiterer Beleg für die Verwendung des Plakats als Werbung für die NATO beziehungsweise für eine neue deutsche Außenpolitik lässt sich am Fall Rolf Bohnemeier erkennen. Dieser hatte sich beim Presse- und Informationsamt der Bundesregierung verschuldet und musste in Folge einer außergerichtlichen Einigung Werbematerialien für die Bundesregierung verlegen und drucken lassen.[15] In einem Artikel des Spiegels von 1957, der über diesen Fall berichtete, wird beschrieben, dass das Plakat für die NATO bestimmt war und 1956 gedruckt wurde.[16]

Beide Schulbücher geben als Nachweis das DHM an.[17] Abb. 1/2 entstammt dem LeMO, welches als „Kooperationsprojekt der Stiftung Deutsches Historisches Museum, der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland und des Bundesarchivs“ auf die Bildbestände der Institutionen zugreift.[18] Man kann vermuten, dass es sich dabei um dasjenige Objekt handelt, welches in den Schulbüchern abgebildet ist. Dabei wurde das Plakat an den Rändern beschnitten und farblich bearbeitet. Diese Annahme kann aber teilweise angezweifelt werden.

Die Angaben der Schulbücher scheinen richtig zu sein, da sich ein Exemplar des Plakates in der Sammlung des DHM befindet.[19] Das LeMO gibt als Herkunft der Abbildung die Stiftung Haus der Geschichte an, verbunden mit dem Hinweis, dass dieses Objekt „in der Dauerausstellung im Haus der Geschichte (Bonn) zu sehen“ sei.[20] In der Onlinedatenbank der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland kann das Plakat nicht gefunden werden. Ein Besuch im Haus der Geschichte in Bonn hat ergeben, dass sich das Plakat nicht in der Dauerausstellung befindet. Verbunden mit der zu den Angaben des DHM variierenden Jahresangabe sind die Angaben von LeMO kritikwürdig. Man kann abschließend jedoch feststellen, dass in den Schulbüchern losgelöst von den ungenauen Angaben bezüglich Jahreszahl und Zweck des Plakats die Bildnachweise plausibel sind.

Analyse der Schulbuchseiten

Eine Analyse der Schulbuchseiten (vgl. Abb. 3 und Abb. 4) lässt drei Elemente erkennen, die sich aufeinander beziehen. Die drei Elemente sind Autorentexte, Quellen und Medien. Sie können sich direkt, zum Beispiel durch Aufgabenstellungen oder Layout, oder indirekt durch gleiche Thematik aufeinander beziehen.

Entdecken und verstehen 4

Bei entdecken und verstehen 4 ist das Plakat in den Maßen 8,64 cm × 6,4 cm bei einer Seitengröße von 26 cm × 18,5 cm in der oberen Hälfte der Seite abgebildet. Rechts neben der Abbildung ist eine gleich große Abbildung eines weiteren Plakats abgedruckt. „Von den Sowjetmenschen lernen heißt siegen lernen!“ wurde 1952 beim Sachsenverlag Werk Leipzig gedruckt.[21] Das Plakat befindet sich heute im Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig unter der Inventarnummer PL 52/265a. Vergleicht man die Abbildung im Schulbuch und die des Stadtmuseums, so werden minimale Beschneidungen am oberen Rand deutlich. Die Farbigkeit der beiden Abbildungen variiert. So ist die Abbildung des Stadtmuseums gelbstickig. Des Weiteren weist das Objekt des Stadtmuseums Schäden in der Mitte und am oberen linken Rand auf. Ob die Abbildung, wie vom Verlag angegeben, vom Stadtmuseum stammt,[22] ist folglich fraglich.

Zwei weitere Exemplare des Plakats finden sich unter der Inventarnummer P 94/1392 im DHM Berlin. Vom DHM wird als Datierung 1951 angegeben.[23] Dieses Objekt ist im Vergleich zu dem Exemplar in Leipzig besser erhalten. Deswegen ist es wahrscheinlicher, dass dieses Plakat zur Abbildung im Schulbuch verwendet worden ist.[24] Das Plakat in Berlin weist einen Gelbstich auf. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Abbildungen der Plakate für das Schulbuch graphisch nachbearbeitet wurden. Die Positionierung der beiden Plakate nebeneinander ergibt eine visuelle Gegenüberstellung. Diese Gegenüberstellung wird auch methodisch durch die Aufgabenstellung 4 erreicht. Die Plakate befinden sich in direkter Beziehung zueinander. Text 3 bezieht sich indirekt auf das NATO-Plakat, da Westintegration und Gründung der Bundeswehr erwähnt werden.[25] Die Plakate können zudem für die Aufgabenstellung B, bei der gefordert wird, für die beiden deutschen Staaten ein Unterstützungsplakat zu entwerfen, verwendet werden, da sie als Inspiration dienen können.

Denkmal Geschichte 4

In denkmal Geschichte 4 ist das Plakat in den Maßen 8,9 cm × 6,6 cm bei einer Seitengröße von 26 cm × 18,5 cm in der oberen Seitenhälfte abgebildet. In der unteren Seitenhälfte sind zwei Fotografien abgebildet. M2, in den Maßen 5,1 cm × 6,7 cm, soll ein „Wintermanöver der NATO in Bayern (1960)“ zeigen.[27] Das Bild soll gemäß des Bildnachweises von der picture alliance, aufgenommen von „K. Schnörrer“, sein.[27] In der Tat findet sich das Bild unter der Mediennummer 9064213 in der Datenbank. Zusätzlich wird als Bildinformation angegeben, dass Panzer der Bundeswehr abgebildet sind, die im Rahmen des Manövers Winterschild am 01. Februar 1960 die Altmühl bei Grießstätt überqueren.[28]

Bei dem rechten Bild M3, abgedruckt in den Maßen 5,1 cm × 6,7 cm, wird angegeben, es handle sich um ein „Manöver der Warschauer Vertragsstaaten (1973)“. Als Quelle wird akg images angegeben.[29] In der Bilddatenbank von akg images findet sich die Fotografie unter der Bildnummer AKG760752. Die Bildbeschreibung bei akg images deckt sich mit der des Schulbuchs, wobei keine zusätzlichen Informationen, zum Beispiel um welches Manöver es sich handelt, zur Verfügung stehen.[30] Die Fotografie wird bei akg images auf den 1. März 1973 datiert.[31] Die Bilder beziehen sich durch ihre Positionierung nebeneinander, aber auch durch ihren Inhalt, militärische Manöver der jeweiligen Bündnisse zu zeigen, aufeinander (vgl. Abb. VI). Die Bilder werden nicht in einer Aufgabenstellung verwendet. Ein direkter Bezug zu den Autorentexten und Quellen lässt sich ebenfalls nicht feststellen.

Die beiden Schulbücher ähneln sich in mehreren Aspekten. Die Seitenaufteilungen von entdecken und verstehen 4 und denkmal Geschichte 4 sind größtenteils identisch. Plakat und Karte sind in der oberen Seitenhälfte positioniert. Die untere Seitenhälfte wird durch die Verfassertexte und Quellen dominiert. Maßgebliche Unterschiede werden bei genauerer Betrachtung deutlich. Thematisch beschäftigt man sich bei entdecken und verstehen 4 in den Autorentexten und den Quellen mit der innenpolitischen Debatte in der BRD.[32] Bei denkmal Geschichte 4 liegt der Fokus auf der Gründung der Bündnisse NATO und Warschauer Pakt. In der Wahl des Kartenausschnitts wird diese Beobachtung deutlich. So wird bei entdecken und verstehen 4 ein Ausschnitt Europas, bei denkmal Geschichte 4 dagegen ein Ausschnitt der nördlichen Hemisphäre verwendet.[33]

Es ist abschließend festzustellen, dass am Beispiel des Plakats „seine Kameraden –unsere Verbündeten“ die vielseitige Verwendung von einem Bild in Schulbüchern demonstriert werden kann. Es ist bezeichnend, dass die Abbildung des Plakats in Position, Farbigkeit und Größe bei beiden Schulbüchern identisch ist, während sich lediglich die Bildunterschrift, aber besonders der textliche Kontext maßgeblich unterscheiden. Das Bild wird in gänzlich unterschiedlichen Kontexten verwendet. Über die Verwendung des Plakats in denkmal Geschichte 4 lässt sich nur mutmaßen.

Die weiteren Bilder

Entdecken und verstehen 4

Wie bereits oben erwähnt, werden bei dem Schulbuch entdecken und verstehen 4 die innenpolitischen Ereignisse bei der Westbindung der BRD auf einer Doppelseite betrachtet. Auf einer anderen Doppelseite werden die internationalen Ereignisse beleuchtet, wobei hier der gesamte Kalte Krieg thematisiert wird (Abb. 5).[34] In der oberen Hälfte der Doppelseite finden sich die Karte, ein Diagramm und eine Karikatur. In der unteren die Autoren- und Quellentexte.

Bei der Karikatur handelt es sich laut Bildbeschreibung um „Hilfe, ich werde verfolgt!“ von Horst Haitzinger aus dem Jahr 1981. Hierbei thematisiert er den Rüstungswettlauf und den Konflikt zwischen den Bündnissen. Die Karikatur soll in Aufgabenstellung 5 untersucht werden, um die Aussage anschließend mit der Grafik 2 zu überprüfen.[35] Grafik und Karikatur sind nebeneinander angeordnet, womit auch im Layout eine Beziehung zwischen beiden Elementen hergestellt wird. Die Karikatur bezieht sich indirekt auf den Autorentext „Atomares Wettrüsten“. Wie der Titel verrät, wird hier das Wettrüsten zwischen den beiden Blöcken erklärt, wobei der Text wiederum als Hilfestellung zum Verständnis der Karikatur gesehen werden kann.

Abb. 5: Scan der Schulbuchdoppelseite aus entdecken und verstehen 4, S.116-117.

Zeitreise 4

Im Schulbuch Zeitreise 4, erschienen im Klett Verlag 2013 für die Realschule, wurde eine ähnliche Herangehensweise an das Thema durch Trennung in Innen- und Außenpolitik gewählt (Abb. 6). Auf der Doppelseite mit dem Thema „Die Spaltung Europas und der Welt“ wird die Entstehung der beiden Blöcke nachgezeichnet. In der oberen Hälfte der Seite 110 ist eine Karikatur in den Maßen 8,4 cm × 6,6 cm abgebildet. Laut Herausgeber wird hier der „Nordatlantikpakt aus sowjetischer Sicht“ dargestellt.[36] Außerdem wird in der Bildbeschreibung die Karikatur kontextualisiert, die kyrillische Schrift übersetzt und die dargestellten Personen benannt. Die Karikatur soll aus einer Ausgabe der Zeitschrift „Krokodil“ am 4. April 1949 stammen.[37] Als Bildnachweis wird die bridgeman art library ltd angegeben.[38] In der Datenbank kann die Karikatur unter der Nummer CHT211321 gefunden werden.

Abb. 6: Scan der Schulbuchdoppelseite aus zeitreise 4, S. 110-111.

Die Abbildung der Karikatur in der Datenbank zeigt aber sowohl Seitenränder als auch einen Schnitt, der das Bild zerteilt. Für die Abbildung im Schulbuch wurde das Bild folglich bearbeitet. Die bridgeman art library datiert die Karikatur auf 1949, womit sich die Informationen mit denen im Schulbuch decken. Die Karikatur soll in Aufgabe 6 verwendet werden. So soll in Teilaufgabe 6a die Aussage der Karikatur formuliert werden, um anschließend in Teilaufgabe 6b eine ähnliche Karikatur für die UdSSR zu entwerfen.[39] Das Bild steht also in direkter Beziehung zu den didaktischen Elementen auf der Doppelseite. Zusätzlich dienen die Autorentexte, maßgeblich der Text „Zwei feindliche Militärblöcke“, zur Einbindungder Karikatur in die Doppelseite und zur Unterstützung für die Aufgabe 6.

Die innenpolitischen Ereignisse werden auf der Doppelseite „Westbindung statt Wiedervereinigung“ behandelt (Abb. 7). Auf Seite 152 sind zwei Plakate nebeneinander abgebildet, auf Seite 153 eine Fotografie. Das Plakat Q1, in den Maßen 6,6 cm × 4,9 cm abgedruckt, wird als „Plakat für die Westintegration“ aus der BRD1952 beschrieben. [40] Das Plakat Q2 mit den gleichen Maßen ist ein „Plakat gegen die Westintegration“ aus der DDR von 1951/51.[41] Bei Q1 handelt es sich um das Plakat „Vereinte Abwehr“, dessen Reproduktion sich wie vom Verlag angegeben.[42] bei interfoto München unter der Mediennummer 00499697 finden lässt. Bei interfoto ist die Datierung nur ungefähr mit 1950er angegeben.[43] Weitere Recherchen ergaben, dass sich ein Original im Münchner Stadtmuseum befinden muss, wobei es aus dem Jahr 1952 stammen soll.[44] Das Plakat soll zudem von dem „Komitee Sichert Heimat und Freiheit“ in Auftrag gegeben worden sein.[45] Welche Aufgabe dieses Komitee hatte oder wer Mitglied in diesem Komitee war, lässt sich nicht ermitteln.

Abb. 7: Scan der Schulbuchdoppelseite aus zeitreise 4, S. 152-153.

Das Plakat „Fort mit ihm“ findet sich in der Datenbank von akg images unter der Nummer AKG111731, wie es der Herausgeber angegeben hat. Die Abbildung in der Datenbank ist jedoch anders als die im Schulbuch in Graustufen. In der Datenbank wird als Datierung 1951 angegeben. Das Original befindet sich anscheinend unter der Inventarnummer P 94/842 in der Sammlung des DHM. Hier wird als Datierung 1958 angegeben.[46] Die Positionierung zweier Plakate nebeneinander ähnelt dem Beispiel in entdecken und verstehen 4 (Abb. 3). In Zeitreise 4 sind die Abbildungen jedoch kleiner und vom Text umschlossen. Das Plakat „Vereinte Abwehr“ ragt in die Marginalspalte. In Aufgabe 7 sollen mithilfe von angegebenen Arbeitsschritten die beiden Plakate miteinander verglichen werden. Die Plakate stehen also nicht nur hinsichtlich Layouts und Thema, sondern auch hinsichtlich der Inhalte der Doppelseite in einer direkten Beziehung.

Die Fotografie Q5 mit den Maßen 6,6 cm × 4,9 cm auf Seite 153 soll die bayerische Gewerkschaftsjugend bei einer Demonstration gegen die Wiederbewaffnung im November 1954 zeigen.[47] Das Bild soll laut Herausgeber von der picture alliance stammen.[48] In der Datenbank findet es sich unter der Mediennummer 4891595 und wird genau auf den 20. November 1954 datiert.[49] Die Abbildung soll in Aufgabe 5 neben der Quelle Q4, einem Ausschnitt aus einer Rede Erich Ollenhauers, verwendet werden, um zu erklären „warum viele Westdeutsche 1954/55 gegen die Wiederbewaffnung waren“.[50] Die Fotografie bezieht sich direkt sowohl auf die Aufgabe als auch auf die Quelle.

Geschichte entdecken 4

Im Schulbuch Geschichte entdecken 4, herausgegeben 2016 bei C.C.Buchner, wird die Gründung der Bündnisse auf S. 132 erwähnt. Hier werden jedoch keine Bilder verwendet, die in irgendeiner Beziehung zu dem Thema stehen. Auf der Doppelseite 136-137 wird unter dem Titel „Die Bundesrepublik wird Partner in Westeuropa“ die Westintegration behandelt (Abb. 10).[51] Auf der Doppelseite werden drei Abbildungen verwendet. Auf Seite 136 ist eine Fotografie des „Viermächtetreffens“ im Jahr 1954 am unteren linken Rand abgedruckt.[52] Wie vom Herausgeber angegeben,[53] entstammt die Abbildung der Bilddatenbank getty images. Dort ist sie unter der Nummer K1114131 zu finden. Die Datenbank datiert die Fotografie exakt auf den 20. Oktober 1954.[54] Bei den beiden weiteren Bildern handelt es sich um eine Karikatur, welche im oberen Drittel der Seite 137 abgebildet wird, und um eine Abbildung des Plakats „Vereinte Abwehr“. Die Karikatur soll vom 7. Mai 1955 stammen.[55] Als Datierung für das Plakat ist 1952 angegeben.

Abb. 8: Scan der Schulbuchdoppelseite aus Geschichte entdecken 4, S. 136-137.

Sowohl bei der Karikatur als auch beim Plakat werden unterhalb der Bildbeschreibung kurze Aufträge formuliert. Bei der Karikatur sollen die vier Figuren benannt und ihr Handeln erklärt werden.[56] Beim Plakat soll erklärt werden, wofür es wirbt.[57] Die Aufträge dienen als Hilfestellung beziehungsweise Anregung für die Betrachtung der Bilder. Sie zeigen auf, was bei den Bildern für den Sachverhalt relevant ist. Eine direkte Verknüpfung der Bilder und dem Text ergibt sich durch die Aufgabenstellungen. Der Auftrag, die Bilder zu erklären, setzt eine Auseinandersetzung mit dem Text, also mit der Thematik voraus.

Horizonte 4

Im Schulbuch Horizonte 4, vom Westermann Verlag 2014 herausgegeben, werden die beiden Bündnisse getrennt behandelt. Die Gründung des Warschauer Pakts findet im Thema „Der Kalte Krieg in den 1950er-Jahren“ Erwähnung (Abb. 9).[58] Im Autorentext wird die Gründung chronologisch zwischen dem Koreakrieg, welcher auf der rechten Seite durch Bilder und Karten dargestellt wird, und dem Ungarnaufstand platziert. Im Text wird in Grundzügen das Bündnis erklärt. Es wird beschrieben, dass der Vertrag eine Stationierung von sowjetischen Truppen und ihr Eingreifen in diesen Staaten ermöglichte.[59] Diese Passage dient ausdrücklich als Überleitung zum Abschnitt über den Ungarnaufstand, welcher damit eingeleitet wird, dass Ungarn während des Aufstandes dieses Eingreifen „zu spüren“ bekam.[60]

Abb. 9: Scan der Schulbuchdoppelseite aus Horizonte 4, S. 190-191.

In der oberen Seitenhälfte wird unter M3 ein Bild von der Vertragsunterzeichnung verwendet. Laut Bildbeschreibung ist die sowjetische Delegation dargestellt, welche am 14. Mai 1955 mit den in der Bildbeschreibung erwähnten Vertragsstaaten den Bündnisvertrag unterzeichnet haben soll.[61] Nach den Bildnachweisen stammt das Bild von der dpa, wobei es in der dazugehörigen Datenbank unter der Mediennummer 30300392 auch zu finden ist. Die Informationen in der Bildbeschreibung decken sich mit denen, die die dpa als Begleittext zu dem Bild liefert.[62] Nur bezüglich der Datierung fallen sie genauer aus. So erwähnt der Text der dpa, dass das Bild die sowjetische Delegation zu „Beginn der Konferenz“ zeigt.[63] Die zusätzliche Information, dass die Vertragsunterzeichnung vom 11. bis zum 14. Mai stattgefunden hat, lässt den Schluss zu, dass das Bild am 11. Mai 1955 aufgenommen wurde.

Die Gründung der NATO wird auf Seite 168 behandelt (Abb. 10). In der Marginalspalte zum Autorentext über die Gründung ist das Plakat „Vereinte Abwehr“ abgebildet. Anders als bei Zeitreise 4 wird das Plakat als „Plakat für die NATO“beschrieben. Dies steht im Gegensatz zu den Informationen des DHM, die das Plakat als „Plakat für die Aufnahme der BRD in die EVG“ bezeichnen.[64] In Horizonte 4 wird das Plakat übereinstimmend mit den anderen bereits erwähnten auf 1952 datiert. Die Bezeichnung „Plakat für die NATO“ muss als ungenau bewertet werden, da man 1952 bis zum Scheitern der EVG darum bemüht war, die BRD in Form der EVG in Europa einzufügen.[65] Eine Mitgliedschaft in der NATO war das Ziel Adenauers.[66] Aufgrund der fehlenden Informationen über die Rolle des „Komitees Sichert Heimat und Freiheit“ kann nicht festgestellt werden, ob es mit dem Plakat einen Beitritt der BRD in die NATO oder in die EVG thematisieren.

Abb. 10: Scan der Schulbuchdoppelseite aus Horizonte 4, S. 168-169.

Fest steht, dass 1952 die EVG das Verteidigungsbündnis werden sollte, das die BRD als Baustein in die westliche Staatengemeinschaft integriert, wie es das Plakat visuell suggeriert. Beide Bilder werden nicht durch Aufgabenstellungen verwendet. Die Abbildungen stehen aber indirekt in Beziehung mit den Texten, die das gleiche Thema teilen. Das Plakat wird zudem durch das Layout in direkte Verbindung mit dem Text gestellt.

Fazit und Schluss

Abschließend lässt sich feststellen, dass in Schulbüchern Fotografien, Karikaturen und Plakate mit direkten und indirekten Bezügen zu Text und Aufgabenstellungen verwendet werden. Teilweise werden die Bilder nur in Aufgabenstellungen verwendet, teilweise ergeben sich nur Bild – Text Bezüge durch gleiche Thematik und Layoutposition, beziehungsweise durch die Bildbeschreibungen. Es zeigt sich, dass wiederkehrende Bilder Verwendung finden und somit die Thematik durch die Bilder auf bestimmte Weise dargestellt wird. Besonders das Plakat „Vereinte Abwehr“ findet sich in mehreren Schulbüchern. Je nach Schulbuch wird das Thema unterschiedlich intensiv und daraus resultierend unterschiedlich stark mit Bildern behandelt.

Wenn bei der Verwendung von Bildern in Schulbüchern kein eindeutiger Verwendungsgrund gefunden wird, so stellt sich die Frage warum eben diese Abbildungen und diese Bildform, zum Beispiel Plakate, verwendet wurden. Möglicherweise werden diese Bilder aus didaktischen Gründen verwendet. So heißt es in den aktuellen Lehrplänen Hessens für Geschichte für die Gymnasien, in beiden Ausführungen G8 und G9:

„Besonderes Gewicht kommt auch der Medienerziehung zu. Der Einsatz von Zeitungen, Zeitschriften, Karikaturen, die Beschäftigung mit Dokumentarfilmen und die kritische Auseinandersetzung mit historischen Beiträgen aus Funk und Fernsehen im Unterricht schult die historische Reflexion der Schülerinnen und Schüler“.[67]

Zusätzlich wird festgelegt, dass die Interpretation von Bildquellen eine Arbeitsmethode für die Schüler*innen in der Stufe 9 Gymnasium sein soll.[68] Diese Arbeitsmethode soll jedoch nicht explizit beim Unterrichtsthema „Ost-West-Konflikt und deutsche Frage 1945-1990“ angewandt werden, da hier die Methodenvorschläge andere sind.[69] Die ausdrücklich erwähnte „Interpretation von Bild- und Textquellen“ findet sich bei den Realschulen zum Thema Nationalsozialismus.[70] Es ist also festzustellen, dass die Verwendung von bestimmten Bildtypen aus didaktischen Gründen als plausibel gelten muss, da das Analysieren und Interpretieren von Bildern als Lernmethode vorbereitend bereits in der Sekundarstufe I vermittelt wird. Ein weiterer Grund für die Auswahl der Bilder mögen aber auch die zu diesem Zeitpunkt (1950er Jahre) vorherrschenden Medien sein, die sich zudem als Abbildungen in Schulbücher eignen müssen.

Literatur

[1] Vgl. Pieken, Gorch: Konzeption und Aufbau der Dauerausstellung. In: Pieken, Gorch und Matthias Rogg (Hrsg.): Das Militärhistorische Museum der Bundeswehr. Ausstellungsführer, Dresden 2011, S. 21 ff.
[2] Ebd., S. 113.
[3] Bzw. die Gründung der Bündnisse NATO und Warschauer Pakt sowie die damit verbundene Wiederbewaffnung der beiden deutschen Staaten.
[4] Vgl. Hessisches Kultusministerium (Hrsg.): Schulbücherkatalog für allgemein bildende Schulen und Schulen für Erwachsene, Wiesbaden 2019, S. 16-17. (Stand 15.05.2019)

[5] Entdecken und verstehen 2014, S.164.

[6] Vgl. Denkmal Geschichte 2013, S. 128.

[7] Vgl. Herstellerinformation, URL: https://www.westermann.de/artikel/978-3-507-35634-4/denkmal-Ausgabe- 2011-fuer-Hessen-Schuelerband-4 (30.08.2019) und URL: https://www.cornelsen.de/produkte/entdecken-und- verstehen-von-der-weimarer-republik-bis-zur-gegenwart-schuelerbuch-band-4-9783060641444 (30.08.2019)

[8] Entdecken und verstehen 2014, S. 164.

[9] Vgl. Denkmal Geschichte 2013, S. 128.

[10] Objektdatenbank DHM, unter Inventarnr. 1990/276

[11] Informationstafel in der WTS Koblenz (Abb. XIII)

[12] Vgl. Infotafel in der WTS Koblenz (Abb. XIV)

[13] Entdecken und verstehen 2014, S. 164.

[14] Denkmal Geschichte 2013, S. 128.

[15] Vgl. Versprochen und behalten. In: Der Spiegel, Nr. 42 (1957), S.13.

[16] Vgl. Ebd.

[17] Vgl. Entdecken und verstehen 2014, S. 230.; denkmal Geschichte 2013, S. 239.

[18] https://www.dhm.de/lemo/projekt (30.08.2019)

[19] Vgl. Objektdatenbank DHM, unter Inventarnr. 1990/276.

[20] https://www.hdg.de/lemo/bestand/objekt/plakat-kameraden-verbuendete.html (30.08.2019).

[21] Vgl. Objektdatenbank Stadtmuseum Leipzig, unter Inventarnr. PL 52/265a

[22] Vgl. Entdecken und verstehen 2014, S. 230.

[23] vgl. Objektdatenbank DHM, unter Inventarnr. P 94/1392.

[24] Vgl. https://www.bildindex.de/document/obj03192360 (30.08.2019) und Objektdatenbank DHM, unter der Inventarnr. P 61/648.

[25] Vgl. entdecken und verstehen 2014, S. 165.

[26] Denkmal Geschichte 2013, S. 128.

[27] Ebd., S. 239.

[28] Vgl. dpa/picture alliance, Mediennummer 9064213.

[29] Vgl. Denkmal Geschichte 2013, S. 239.

[30] vgl. Akg images, Mediennummer AKG760752.

[31] Vgl. Ebd.

[32] Vgl. Entdecken und verstehen 2014, S. 164-165.

[33] Vgl. Denkmal Geschichte 2013, S. 129.; entdecken und verstehen 2014, S. 165.

[34] So werden in der Karte „Weltkrisen“ in einem Zeitraum von gut 40 Jahren gezeigt, auf S. 117 geht es zudemum die Geschichte des atomaren Wettrüstens. vgl. entdecken und verstehen 2014, S. 116-117.

[35] vgl. Entdecken und verstehen 2014, S. 117.

[36] Zeitreise 2013, S. 110.

[37] Vgl. zeitreise 2013, S. 110

[38] Vgl. ebd., S. 220.

[39] Vgl. ebd., S. 111.

[40] Vgl. ebd., S. 152.

[41] Vgl. ebd.

[42] Vgl. ebd., S. 221.

[43] Vgl. Interfoto, Mediennummer 00499697

[44] Vgl. https://www.dhm.de/archiv/ausstellungen/kalter_krieg/bild/a_137_2.htm (30.08.2019)

[45] Vgl. https://www.leo-bw.de/detail/-/Detail/details/DOKUMENT/wlb_plakate/00003215/Vereinte+Abwehr(30.08.2019)

[46] Vgl. Objektdatenbank DHM, unter Inventarnr. P 94/842

[47] Vgl. zeitreise 2013, S. 153.

[48] Vgl. ebd., S. 221.

[49] dpa/picture alliance, Mediennummer 4891395.

[5o] Zeitreise 2013, S. 153.

[ 51] Vgl. Geschichte entdecken 2016, S. 136-137.

[52] Vgl. Geschichte entdecken 2016, S. 136.

[53] Vgl. ebd., S. 201.

[54] Vgl. Getty images, Mediennummer K1114131.

[55] Vgl. Geschichte entdecken 2016, S. 137.

[56] Vgl. ebd.

[57] Vgl. ebd.

[58] Horizonte 2014, S. 190-191.

[59] Vgl. ebd., S. 191.

[6o] Horizonte 2014, S. 191.

[61] Vgl. ebd.

[62] Vgl. dpa/picture alliance, Mediennummer 30300392

[63] ebd.

[64] Vgl. https://www.dhm.de/archiv/ausstellungen/kalter_krieg/bild/a_137_2.htm (30.08.2019)

[65] Vgl. Maier 1990, S. 50.

[66] Vgl. Maier 1990, S. 71.

[67] 67 Lehrplan G8, S. 6. und Lehrplan G9, S. 6.

[68] Vgl. Lehrplan G9, S. 32 und Lehrplan G8, S. 25.

[69] Vgl. Lehrplan G9, S. 39 und Lehrplan G8, S. 31.

[70] Vgl. Lehrplan Realschule, S. 24.