Bildposition und damit verbundene Probleme

Ein Fallbeispiel

Das Fallbeispiel

Bilder sind in Schulbüchern wichtige Medien, um Inhalte effizient zu übermitteln, zu verdeutlichen oder zumindest das Lernen zu vereinfachen. Dabei ist die Auswahl und Verwendung von geeigneten Bildern nicht immer ganz unproblematisch, wie dieses Beispiel aus der Reihe „denk|mal Geschichte“ zeigt.

Hierbei handelt es sich um das Titelbild für das Kapitel des Nationalsozialismus. Das Bild stellt die Demütigung eines jüdischen Mediziners am 19.08.1933 in Marburg durch die SA dar. Er musste, während er durch die Stadt getrieben wurde, ein Schild mit der Aufschrift „Ich habe ein Christenmädchen geschändet“ hochhalten. Wie die Recherche des Bildes zeigte, wurde die Fotografie in der Oberhessischen Zeitung vom 24.08.1933 verwendet.

Abb. 1: Bildkombination zum Kapitel “ NS-Diktatur in Deutschland“

Abb. 2: Das Historische Bild wie es am 24.08.1933 in der Oberhessischen Zeitung veröffentlicht wurde.

Fragwürdige Bildkombination

Obgleich dieses Bild einen treffenden Einstieg für das Kapitel des Nationalsozialismus und seine Verbrechen darstellt, scheint es bedenkenswert, dass das Bild eben nicht in seiner Originalform im Schulbuch angekommen ist.

So wurde offensichtlich ein modernes Bild über die untere linke Ecke des Bildes gelegt. Dabei ist es natürlich besonders interessant, warum überhaupt ein modernes Bild hinzugefügt wurde und warum es an diese besondere Position gesetzt wurde. Auf dem modernen Bild ist ein Liebespaar aus Menschen mit verschiedenen Hautfarben dargestellt, womit der Inhalt im ersten Moment in keiner offensichtlichen Verbindung mit dem neuen Kapitel steht. Allerdings könnte man denken, dass die Autor*innen des Schulbuches den Schüler*innen möglicherweise einen Gegenentwurf zum Nationalsozialismus präsentieren wollten. Ob das für den Geschichtsunterricht angemessen ist oder nicht, sei dahingestellt. Wichtiger für die Frage nach der Bildbedeutung ist jedoch die Position.

Problematik der Bildposition im Schulbuch

Die Setzung des modernen Bildes über das historische Bild hat zur Folge, dass etwas von der historischen Fotografie überdeckt wird. In der unteren linken Ecke des historischen Bildes haben wir allerdings mehrere Bildstellen, die zentral für die Bildbedeutung sind.

So fällt als erstes auf, dass der Hitlergruß, der sich sehr nah an der Kamera befindet, zumindest teilweise verdeckt wird. Auch wird die Reihe des SA-Trupps fast vollständig unkenntlich gemacht. Das Problematische ist dabei allerdings: Ohne diese Merkmale kann nur ein geschulter Betrachter das Bild richtig identifizieren. Nur der Hitlergruß rechts neben dem jüdischen Mediziner und der SA-Mann, der im Hintergrund fast nicht mehr zu erkennen ist, geben noch über die Handlung Aufschluss.

Dadurch kann ein/e Schüler*in die Handlung nicht erfassen. Auch wird das Bild im Text nicht angesprochen, sodass eine direkte Behandlung im Unterricht ohne Nachfrage der Schüler*innen unwahrscheinlich erscheint. Ein weiteres Problem ist die Positionierung des modernen Bildes direkt über der Überschrift „Die NS-Diktatur in Deutschland“. Dadurch wird möglicherweise ein inhaltlicher Zusammenhang hergestellt, der so hoffentlich nicht die Intention der Autor*innen darstellte.

Fazit

Insgesamt ist das moderne Bild für das Kapitel des Nationalsozialismus nicht nur ein kurioser Fehlgriff, sondern hindert auch aktiv den Lernfortschritt durch das Verdecken zentraler Inhalte des historischen Bildes. Soviel zur eigentlichen Arbeit am Bild.

Interessant für die Studiengruppe ist aber auch, wie dieses Bild mit dem Schema in Kontakt gekommen ist. Dabei musste ich feststellen, dass solche Extremfälle wahrscheinlich gar nicht im Schema untergebracht werden können. Trotzdem war mir das Schema als Fundament meiner Recherche sehr hilfreich und hat gleichzeitig auch die damit verbundenen Probleme offengelegt.

Tatsächlich ist klar geworden, dass es eigentlich, was die Verwendung von Bildern in Schulbüchern angeht, keine sicheren Informationen gibt und man oft nur Indizien, wie das Layout, die Verwendungsgeschichte und das Alter des Buches zusammentragen kann, um dann mehr oder weniger gewagte Schlüsse zu ziehen. Dabei kann eine einfache Aufreihung der Indizien mindestens genauso wirkmächtig sein, da jede/r Leser*in dieses Beispiels seine eigenen Schlüsse ziehen kann.

Das Problem an wirklichen Konklusionen bei solchen Extremfällen ist wahrscheinlich, dass sie aufgrund des besonderen Kontexts unwissenschaftlich erscheinen und deswegen der Bearbeitung des Bildes mehr schaden als nützen. Gleichzeitig sind sie aber provokant genug, um eben zu dieser tiefergehenden Betrachtung des Bildes einzuladen.

Von Yassin El Manfalouty