Text- und Bilduntersuchungen auf Karten

Zum Definitionsproblem der Begriffe Text, Bild und Karte

Wenn man sich mit Text- und Bilduntersuchungen auf Karten beschäftigt, sollte einem bewusst sein, dass die Begriffe „Text“, „Bild“ und „Karte“ in der Wissenschaft weder genau definiert noch unumstritten sind.

Vor dem Hintergrund dieser theoretisch-methodischen Problemlage werden zunächst theoretische Grundannahmen und Begrifflichkeiten erläutert, welche für Untersuchungen mit Karten wichtig sind. Anschließend stellt der Beitrag Forschungsliteratur vor, die die davor genannten Annahmen berücksichtigt und in ihre Arbeit integriert.

Merkmale und Funktionen von Karten

Nach Ogrissek (1968) besteht eine Karte aus einigen elementaren Bestandteilen: Punkte, Linien, Flächen, Farben, Schrift und Signatur.

Punkte stehen für etwas Exaktes und geben beispielsweise einen Ort an. Linien können für Grenzdarstellungen verwendet werden, aber auch Bewegung in Form von Pfeilen darstellen. Die Flächen prägen das Kartenbild, wobei auch die Lesbarkeit der Karte davon abhängt. Bei der Farbe muss einiges beachtet werden. Zunächst einmal gibt es Assoziationen zu Farben, und davon ausgehend kann man dann Farben unterschiedlich einsetzen: Zum Ordnen, Gliedern, oder Hervorheben. Aber auch ihr ästhetischer Aspekt darf nicht vernachlässigt werden. Anhand der Schrift können qualitative und quantitative Aussagen getätigt werden. Auf der Karte hat die Schrift aber immer einen erklärenden Aspekt und wird nur dann verwendet, wenn sie dabei hilft, die Karte besser zu verstehen. Signaturen ergeben sich aus Punkten und Linien und werden stellvertretend für einen anderen Inhalt. Die Legende ist eine Kombination aus Schrift und Zeichen und hat, wie die Schrift und die Signatur, eine erklärende Aufgabe.

An eine Karte werden außerdem einige Anforderungen gestellt. So soll eine Karte „Wahrheit, Klarheit und räumliche Anschaulichkeit“ besitzen. Den Wahrheitsgehalt könne man an der Korrelation von Kartentitel, Signaturen und der Legende erkennen. Die Klarheit kann man anhand der Darstellungsweise erkennen. Ist der Inhalt klar erkennbar? Dies kann man anhand der Legende, des Themas oder auch anhand der Begriffe und Kartenzeichen beurteilen. Wenn Beziehungen, Bewegungen, Verbreitungen oder auch das Gelände gut dargestellt ist, kann man die räumliche Anschaulichkeit beurteilen.[1]

Die Karte als Hilfsmittel des Historikers : Untersuchungsbeispiele

Für Historiker haben Karten eine essentielle Bedeutung, da sie dabei helfen, Fragestellungen besser zu beantworten. Zudem können Karten selbst angefertigt werden, um auf ihr Eintragungen vorzunehmen und historische Sachverhalte verständlicher zu machen.

Bei der Beschäftigung mit Karten stößt man häufig auf den Begriff „kartographische Wende“. Damit ist eine Wende in der Kartenform, -herstellung und -darstellung gemeint, welche im 16. und 17. Jahrhundert stattfand. Die Voraussetzungen waren neue Messtechniken, womit die Welt als vermessene Welt – nicht mehr als Imaginäre – kartographiert werden konnte.

Wenn man sich nun mit Untersuchungen beschäftigen möchte, könnte man mit einigen bekannten Karten anfangen. So gibt es die Tabula Peutingeriana, Fra Mauros Weltkarte, oder auch die Ebstorfer Weltkarte. Die Tabula Peutingeriana ist eine interessante Karte, da sie die Maße 680 x 33 cm besitzt und gleichzeitig die damals bekannte Welt der Antike darstellt. Hier kann man sich den Autoren Michael Rathmann oder Kai Brodersen zuwenden.[2]

Fra Mauros Karte ist eine sogenannte mappae mundi. Sehr umfangreich hat sich Piero Falchetta mit der Karte beschäftigt und mehrere hundert Seiten Kommentar verfasst. Die Karte selbst enthält, neben der dargestellten Welt, am Rand sehr viel Text, welcher ebenfalls bei Falchetta kommentiert wurde.[3]

Birgit Hahn-Woernle hat sich mit der Ebstorfer Karte auseinander gesetzt. Sie arbeitet viel mit den vorhandenen Texten und Bildern auf der Karte und zeigt unter anderem wie anhand von Bildern und Texten eine Datierung vorgenommen werden kann. Dazu kommen Erklärungen zur Karte oder auch Bestimmungshilfen für Städte und Gewässer, indem diese Infos auf ein Transparent gedruckt und über die Karte gelegt wurden.[4]

Abb. 2: Mappa mundi von Fra Mauro aus dem Jahre 1459. Reproduktion von W. Fraser (1806).

Abb. 3: Braunschweig: Ausschnitt aus der Ebstorfer Weltkarte um ca. 1300.

Forschungsliteratur und Ausblick

Selbstverständlich sind in den oben genannten Büchern noch zahlreiche weitere Punkte und Informationen über die jeweiligen Karte zu finden. Wenn man sich aber mehr theoretisches Wissen aneignen möchte, empfehle ich Ogrisseks Werk „Die Karte als Hilfsmittel des Historikers“.[5]  Es ist zwar schon etwas älter, immerhin aus dem Jahr 1968, aber der Inhalt ist, meiner Ansicht nach, noch immer aktuell. Ein allgemeineres Buch zu Karten hat Herma Kliege veröffentlicht „Weltbild und Darstellungspraxis hochmittelalterlicher Weltkarten“.[6] Dort findet man auch sehr viele unterschiedliche Karten unterschiedlich vorgestellt. Es gibt auch eine Fachzeitschrift für Karten, die „Cartographica Helvetica“. Wenn man sich aber von den Karten lösen möchte und sich mehr für Text- und Bilduntersuchungen interessiert, wird man bestimmt bei den visual studies oder den Theater- Film- und Medienwissenschaften fündig. Man kann auch den Kartenbegriff offener definieren und sich beispielsweise mit Tarot- oder Spielkarten beschäftigen.

Literatur

[1] Ogrissek, Rudi: Die Karte als Hilfsmittel des Historikers. Eine allgemeinverständliche Einführung in Entwurf und Gestaltung von Geschichtskarten, Gotha 1968, S. 36-47.

[2] Brodersen, Kai: Die Tabula Peutingeriana. Gehalt und Gestalt einer „alten Karte“ und ihrer antiken Vorlagen. In: Dagmar Unverhau (Hrsg.): Geschichtsdeutung auf alten Karten. Achäologie und Geschichte, Wiesbaden 2003, S. 289-297; Rathmann, Michael: Tabula Peutingeriana. Die einzige Weltkarte aus der Antike, Darmstadt 2016.

[3] Falchetta, Piero: Fra Mauro’s world map, Turnhout 2006

[4] Hahn-Woernle, Birgit: Die Ebstorfer Weltkarte, Stuttgart-Bad Cannstatt 1987 .

[5] Ogrissek, Die Karte als Hilfsmittel des Historikers.

[6] Kliege, Herma: Weltbild und Darstellungspraxis hochmittelalterlicher Weltkarten. Münster 1991.