Eine Alternative zur Layout-Analyse
Untersuchungsgegenstand und Methode
Die untersuchte Doppelseite stammt aus dem Schulbuch Geschichte und Geschehen 2 von 2017. Das folgende Vorgehen besteht darin, die unterschiedlichen Bezüge zwischen den Medienbausteinen, insbesondere zwischen Bildern und Texten herauszuarbeiten. Im Unterschied zur „klassischen“ Layout-Analyse, wie sie etwa bei Kühberger thematisiert wird,[1] ist nicht allein auf die von der Doppelseite selbst vorgegebenen thematischen Schwerpunkte einzugehen, sondern auch auf mögliche eigene Informationsinteressen der Leser*innen. Auf diese Weise soll der Eindruck der Seite auf Leser*innen nachvollzogen werden, die beispielsweise an religiösen Inhalten interessiert sind.
Analyse der Schulbuch-Doppelseite
Die linke Hälfte der Doppelseite wird von einem einzelnen Bild dominiert. Es zeigt einen Ausschnitt des sogenannten Lateranmosaiks, welches mit einem kurzen Autorentext erläutert wird. Die rechte Seite enthält zwei wesentlich kleinere Abbildungen, beide aus einer gemeinsamen, späteren Quelle. Auf textlicher Ebene besteht die komplette Doppelseite – abgesehen von kurzen Erläuterungen, Quellenangaben und Arbeitsaufträgen – aus Quellentexten.
Die herausragende Bedeutung der linken Abbildung innerhalb der Doppelseite wird neben der Größe des Bildes auch durch die verschiedenen Bezugnahmen zwischen Bild und Text unterstrichen. Als einziges Bild erhält es einen erläuternden Text sowie einen in unmittelbare Nähe gesetzten Arbeitsauftrag. Auch die drei folgenden Textquellen sind auf diese Abbildung bezogen und bilden hinsichtlich des Leseflusses einen Rahmen um das Bild herum. Die gegenseitige Bezugnahme selbst kann dabei als direkt wie auch als indirekt angesehen werden. Die genannten Quellentexte beschreiben alle die Kaiserkrönung Karls des Großen durch Papst Leo III. Diese Begebenheit wird nicht im Lateranmosaik wiedergegeben, da es vor der Krönung entstand. Die vorhergehende Doppelseite enthält ein mittelalterliches Bild der Kaiserkrönung, sodass diese Möglichkeit bei der Erstellung dieser Doppelseite bewusst nicht genutzt wurde. Die Bezüge zwischen Bild und Text bestehen in der Frage nach der Beziehung zwischen Papst und Kaiser, welche auf beiden Ebenen angelegt und insbesondere durch den ersten Arbeitsauftrag vermittelt wird.
Der Bezug zum Papst
Untersucht man die Doppelseite auf die Bezüge zum Papsttum beziehungsweise auf Leo III. hin, so sind diese auf textlicher Ebene identisch zu den Bezügen zum Lateranmosaik an sich. Die weiteren Bilder enthalten keinen weiteren Bezug zum Papst. Sowohl auf der Text- als auch auf der Bildebene wird also nur dann auf ihn verwiesen, wenn es um sein Verhältnis zum Kaisertum bzw. zu Karl dem Großen geht.
Im Folgenden gilt: Die Farbe Grün verweist auf das Bild, die Farbe Rot auf den Text.
Kriegerische Bezüge
Wird die Doppelseite auf ein mögliches Gewalt- oder Kriegsmotiv hin befragt, fällt im Verhältnis zwischen Texten und Bildern eine Diskrepanz auf. Zwei der drei Krönungsberichte behandeln vornehmlich die gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen dem Papst und seinen Gegnern. Hinzu kommt ein weiterer Quellentext, der sich mit dem Krieg Karls des Großen gegen die Sachsen befasst. Auf bildlicher Ebene ist diese Thematik lediglich durch ein kleines Bild angeführt, welches ebenfalls die Sachsenkriege aufgreift.
Christliche Bezüge
Wenn wir die Doppelseite auf christliche Bezüge hin untersuchen, fällt ein ähnliches Ungleichgewicht auf, allerdings unter umgekehrtem Vorzeichen. Auf der Textebene ist lediglich der erste Krönungsbericht mit christlichen Motiven durchsetzt. Bei den Bildern dagegen ist hier wieder das Lateranmosaik anzusprechen, welches an prominentester Stelle den heiligen Petrus zeigt. Darüber hinaus gibt es ein weiteres Bild, welches Karl den Großen bei der Taufe der Sachsen zeigt. Dieses Bild ist das einzige, welches keinen konkreten Bezug zur Textebene besitzt.
Von Stefan Hunting
Literatur
[1] Kühberger, Christoph: Multimodale Narration. Bild-Text-Graphik-Kommunikation in Schulgeschichtsbüchern. In: Carsten Heinze/Eva Matthes (Hrsg.): Das Bild im Schulbuch, Bad Heilbrunn 2010, S. 43-55.